Es gibt wohl keinen besseren Tag als den Sonntag, um über die großen Fragen des Lebens nachzudenken. Die Freiheit.
Stimmt nicht. Ist gelogen. Montag ist auch super. Oder Dienstag. Eigentlich ist es völlig egal. Denn jeder Tag ist ursuper dafür! Darin liegt schon die erste Erkenntnis des heutigen Tages: Die Freiheit beginnt heute. Oder nie.
Aber nachdem heute Sonntag ist, denken wir über den Feind Nr. 4 der (finanziellen) Freiheit nach: Deinen Job.
Vielleicht sitzt du gerade in deinem Garten, die Vögelchen zwitschern sich einen vom Ast, die Bienen vergenusswurzeln inbrünstig die Blumen und du erfreust dich an dem, was du bisher im Leben geschafft hast. Du hast ein Haus gebaut und bist nun stolzer Besitzer eines stattlichen, lebenslangen Kredits.
Dafür gehst du Montags bis Freitags pflichtbewusst zur Arbeit, mähst am Wochenende den Rasen und stutzt die Hecke. Du hast die Frucht deiner Lenden weitergegeben und die besten Kinder der Welt gezeugt, dafür dürfen deine Frau und du sie auch jeden Tag mit dem geleasten Protzkübel durch die Gegend kutschieren. Zum Fußballtraining, zum Ballettunterricht, zur Klavierstunde, zum Taekwondo. In die Schule, von der Schule, zum Arzt, zur Geburtstagsparty von Knud-Wilhelm, dem besten Freund deines Sprösslings. Freitag Nachmittag steht Edeka am Programm. Also bei uns in Ösiland nicht, weil wir fahren zu Billa Plus oder zu Interspar. Ist aber das gleiche Ritual: Geld ausgeben für die drohende Hungersnot am Wochenende. Das Auto muss auch noch gewaschen und geputzt werden, denn schließlich bezahlst du ja mehrere hundert Euro pro Monat an Leasingrate für den rollenden Beweis deines Erfolgs.
Du folgst also den üblichen Regeln und bist Teil eines Systems, das dir Sicherheit und Stabilität bietet. Du lebst nach den gängigen gesellschaftlichen Werten, doch manchmal schleicht sich ein kleiner Gedanke ein: „Ist das wirklich das Leben, das ich führen will? Will ich die wenigen Momente des wirklichen Glücks tatsächlich mit diesem meinem Job finanzieren?“
Hand aufs Herz:
Wolltest du als Kind immer schon Sachbearbeiter in einem Bürobetrieb werden? Wolltest du deine Zeit immer schon mit Chefs & Kollegen verbringen, die eigentlich weniger können als du, aber mehr verdienen? Wolltest du dir von Kunde König wirklich täglich auf den Kopf scheißen lassen?
Oder wolltest du in Wirklichkeit die Ballkönigin am Rücksitz deines Ford Granada vögeln? Denn sicher warst du nicht immer schon ein Fan von Rieke, der berollkragten Ersatzsopranistin aus dem Kirchenchor? (Ich bitte alle Riekes dieser Welt um Verzeihung, der Name ist rein zufällig gewählt).
Wolltest Du nicht ein Held sein? Pilot, Astronaut, Feuerwehrmann, Polizist? Oder wolltest Du mit Tieren arbeiten? Sie pflegen, erforschen oder heilen? Wolltest Du Lokomotivführer werden, Arzt oder ein gefinkelter Rechtsanwalt? Künstler, Popstar, eine große Nummer bei den Hells Angels? Motorradrennfahrer, Abenteurer, Bergsteiger, Meisterdieb … whatever … aber wolltest du wirklich DAS machen, was du jetzt machst?
Wenn deine Antwort darauf JA ist, ist alles gut. Ist sie aber ein Nein, dann kennst du ich die Frage: „Gibt es da draußen nicht noch mehr?“
Ich ersetze an dieser Stelle das Wort „mehr“ durch das Wort „anderes“.
Gibt es da draußen nicht noch etwas anderes?
Das, was du vielleicht im Urlaub machst? Einen Tauchgang, Fallschirmspringen, eine Safari, eine Brandstiftung oder ein kleiner Einbruchdiebstahl – aber eben nur im Urlaub?
Ist Freiheit in deinem Leben also nicht mehr als ein Urlaub mit Ablaufdatum?
Oder kannst du dir mit deinem Job irgendwann die Freiheit ermöglichen?
Nein.
Nicht wenn Du auf einen bestimmten Zeitpunkt wartest.
Wer kennt sie nicht, diese trügerisch „wenn – dann – Lebenserwartung“? Mit 14 denkt man sich, dass man mit 16 frei sein würde. Denn dann würde man ein Moped haben. Und so eine Zündapp war ja der Inbegriff der Freiheit für uns pickelgesichtige Jungpubertierende. Die Zündapp war aber dann doch nicht der Bringer. Aber dann, wenn man 18 ist, dann geht‘s los mit der Freiheit. In oben beschriebenem Ford Granada. Oder heute eben im BMW M3, powered by Deutsche Leasing AG. Mit so einem Schlampenschlepper muss es ja einfach gelingen! Der Granada hat damals zwar mir gehört (weil 278.000 Kilometer am Tacho, und der war schon manipuliert), aber die Freiheit reichte gerade bis Tschaorle. Dort ist der Kübel dann verreckt und die Heimreise war powered by Eltern im Abteil der Trenitalia. Also musste man die Freiheitspläne verschieben. Dann, wenn man mal mehr verdient, dann würde man frei sein. Also Überstunden machen und „Nachbarschaftshilfe“ leisten. Der gepflegte Pfusch am Wochenende würde die Reise in die Freiheit finanzieren. Weit gefehlt! Denn außer einer beginnenden Alkoholabhängigkeit führte die Schwarzarbeit am Wochenende nur zu einem späteren Bandscheibenvorfall …
Aber dann … wenn ich mal selbst ein Haus gebaut habe. Dann werde ich frei sein. Den Strich macht nur die Bank durch die Rechnung, weil jetzt hat man zwar ein Haus, aber die nächsten 30 Jahre sind vorprogrammiert. Im Mittelalter wurde das Frondienst genannt, heute heißt das „inverses Sparen“. Man bezahlt die Ausgaben des Heute mit den Einnahmen von Übermorgen.
Aber dann … wenn der Kredit mal abbezahlt ist. Wenn die Kinder groß sind. Wenn man in Rente geht. Wenn …
Gibt es mit diesem Lebensmodell einen Weg, dem Hamsterrad zu entkommen? Nein.
Oder doch, einen gibt es: Den Tod.
Verschwörungstheoretikern zufolge gibt es aber ein Leben vor dem Tod.
Sogar ein Leben in Freiheit!
Aber wie heißt es so schön?
Wer arbeiten geht, hat keine Zeit um Geld zu verdienen.
Freiheit hat ihren Preis. Aber es gibt eben auch einen Preis für Sicherheit. Die Frage ist, welchen Preis du bereit bist zu bezahlen.
Die Sicherheit bietet dir einen stabilen Lebensweg, einen festen Platz in der Gesellschaft und ein gewisses Maß an Komfort.
Die Freiheit verlangt Mut und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, um neue Pfade zu betreten.
Eine Lösung mag einfach erscheinen: Verkaufe dein Haus, zahle deinen Kredit ab und werde frei von finanziellen Verpflichtungen. Aber ist es wirklich so einfach? Bist du bereit, dein gewohntes Umfeld zu verlassen, vielleicht sogar in ein kleineres Zuhause zu ziehen und auf einige Annehmlichkeiten zu verzichten? Bist du bereit, dein Land zu verlassen? Bist du bereit, auf die Vorteile deines Systems zu verzichteten und wo anders zu leben, wo man sich nicht jedes Jahr per Sprechakt aussuchen kannst, welches Geschlecht man hat?
Womit wir letztendlich bei der Frage sind, ob du den Mut hast, deinen eigenen Weg zu gehen. Auch beruflich. Deinen Job zu kündigen kann beängstigend sein, aber es kann auch die Tür zu unendlichen Möglichkeiten öffnen. Du könntest neue Leidenschaften entdecken, neue Menschen kennenlernen und dich selbst in einer Weise entfalten, die du nie für möglich gehalten hättest. Du könntest endlich Geld verdienen oder einfach nur glücklich sein. Im besten Fall sogar beides!
Also, am Sonntag, wenn du im Garten sitzt und dir Gedanken über dein Leben machst – begrüße die Freiheit als eine wundervolle Reise voller Überraschungen und Unwägbarkeiten. Wenn du den Mut hast, dich aus dem Würgegriff deines Jobs zu befreien, könntest du feststellen, dass der Preis der Freiheit den Weg wert ist.
Es ist an der Zeit, das bisherige Leben nicht als Schicksal für sein zukünftiges anzusehen und (mehr) nach deinen eigenen Regeln zu spielen.
Lösungen sind immer einfach:
Wenn dir das Essen nicht schmeckt, iss nicht auf.
Was lernen wir heute in unserer Serie über die 5 Todfeinde der Freiheit?
Regel Nr. 4: Scheiß auf deinen Job.